Plastik – das ist eine Vielzahl von Kunststoffen, die in verschiedenen Produkten eingesetzt werden und damit aus unserem Alltag kaum mehr wegzudenken sind. Gleichzeitig geraten die Materialien in die Kritik durch immer stärkere Auswirkungen auf Mensch und Natur, zum Beispiel durch Müll in unseren Meeren. Im „Plastikfreien Juli“ dreht sich daher alles um die Kunststoffe in einer neuen Serie von Beiträgen:
- Welt aus Plastik [dieser Artikel]
- Recycling von Kunststoffen
- Plastik in der Kritik
- Trend Bio-Plastik
- Synthetische Fasern – Plastik in der Kleidung
Was ist Plastik?
Plastik ist der umgangssprachliche Begriff für Kunststoffe und diese Materialien sind ein weites Feld. Chemisch betrachtet sind es Werkstoffe, die aus Makromolekülen bestehen (also sehr großen Molekülen). Für diese Stoffe aus Makromolekülen wird auch oft der Begriff „Polymer“ verwendet. Das stammt aus dem Griechischen und bedeutet, dass die Materialien aus vielen Teilen aufgebaut sind.
Es gibt natürliche makromolekulare Stoffe bzw. Polymere, die in Lebewesen gebildet werden (z.B. Proteine, Zellulose, Stärke, Chitin). Diese werden auch schon seit Jahrhunderten von den Menschen genutzt. Im 19. Jahrhundert wurden dann verschiedene dieser natürlichen Materialien chemisch modifiziert und es entstanden die ersten (halbsynthetischen) Kunststoffe. Hierzu gehört zum Beispiel die Weiterverarbeitung von Kautschuk zu einem elastischen Kunststoff – dem Gummi.
Außerdem wurde aus der natürlichen Zellulose später Zelluloid hergestellt, der erste Thermoplast – also ein Kunststoff, der sich durch Hitze verformen ließ. Man hat damit auch viele Produkte herstellen können, für die vorher seltene Naturprodukte wie Elfenbein, Korallen, Horn oder Perlmutt eingesetzt wurden. So wurden beispielsweise Billardkugeln dann aus Zelluloid statt Elfenbein hergestellt. Plastik hat damit in den Anfangsjahren auch durchaus einen gewissen Beitrag zum Naturschutz geleistet. Ebenfalls aus Zellulose stammt die später entwickelte Kunstseide Viskose.
Anfang des 20. Jahrhunderts wurde dann mit Bakelit der erste vollsynthetische Kunststoff hergestellt. Diese synthetischen Polymere werden komplett im Labor bzw. industriell hergestellt. Bakelit ist ein Duroplast, das sind Kunststoffe, die nach ihrer Aushärtung nicht mehr durch Wärme verformt werden können.
Arten von Kunststoffen
In den folgenden Jahren wurden zahlreiche weitere Kunststoffe mit vielen verschiedenen Eigenschaften entwickelt. Heutzutage ist eine sehr große Vielfalt an Kunststoffen möglich: hart oder weich, durchsichtig oder farbig, fest oder flexibel.
„Grundsätzlich lassen sich Kunststoffe mit nahezu jeder Kombination an Eigenschaften entwickeln, um fast jeder erdenklichen Anwendung Rechnung zu tragen.“
PlasticsEurope
Die häufigsten Arten von Kunststoffen in Europa sind:
- Polyethylen (PE): z.B. mit niedriger Dichte für Plastiktüten, Müllbeutel, Folien und mit hoher Dichte für Spielzeug, Plastikflaschen für Shampoo etc., Rohre
- Polypropylen (PP): z.B. Lebensmittelverpackungen, Behälter für die Mikrowelle, Rohre, Autoteile
- Polyvinylchlorid (PVC): z.B. Fensterrahmen, Bodenbeläge, Gartenschläuche
- Polyurethan (PU/PUR): z.B. Isolierung für Gebäude, Kissen, Isolierschaum
- Polyethylenterephthalat (PET): z.B. Getränkeflaschen
- Polystyrol (PS): Lebensmittelverpackung, Isolierung für Gebäude
Zusammen machen diese Sorten von Plastik über 80% aller genutzten Kunststoffe aus (PlasticsEurope).
Herstellung und Verwendung
Auch bei den synthetisch hergestellten Kunststoffen sind die Ausgangsmaterialien organische Rohstoffe, in der Regel Erdgas und Erdöl. Neben diesen aus fossilen Rohstoffen hergestellten Kunststoffen gibt es mittlerweile aber auch solche aus nachwachsenden Rohstoffen, die biobasierten Kunststoffe (mehr dazu im Teil 4: Trend Bio-Plastik).
Bei der Herstellung von Plastik werden zahlreiche Zusatzstoffe beigemischt, um bestimmte Materialeigenschaften zu erzielen (z. B. Weichmacher, Stabilisatoren, Farbstoffe). Im Durchschnitt enthalten Plastikprodukte rund 7 % solcher Zusatzstoffe (Plastikatlas 2019). Gerade diese Zusatzstoffe sind dabei auch oft in der Kritik. Denn sie können auch in die Luft entweichen und gesundheitliche Probleme verursachen (mehr dazu im Teil 3: Plastik in der Kritik).
Seit den 1950er Jahren stieg die Nutzung von Plastik durch den aufkommenden Massenkonsum stark an. Wo vorher vor allem wiederverwendbare Produkte und Verpackungen genutzt wurden, landeten die aus Kunststoff hergestellten nun einfach im Müll – der Beginn des linearen Modells der bis heute andauernden Wegwerfmentalität. Von 1950 bis 2015 wurden so weltweit 8,3 Mrd. Tonnen Kunststoff hergestellt (Plastikatlas 2019).
Die weltweite Produktionsmenge von Plastik steigt dabei immer weiter an. Zuletzt wurden 2018 weltweit 359 Mio. Tonnen Kunststoffe produziert. Davon entfallen knapp 62 Mrd. Tonnen auf die EU (einschl. UK, Norwegen und Schweiz). Plastik ist damit euch ein wichtiger Industriezweig. Allein in der europäischen Kunststoffindustrie wurden 2018 über 360 Mrd. Euro umgesetzt. In dem Sektor arbeiten europaweit fast 60.000 Unternehmen und über 1,6 Mio. Menschen. (PlasticsEurope)
Plastik wird auch in vielen Industrien als Material eingesetzt. Die meisten Kunststoffe sind Einwegprodukte und Verpackungen und werden oft nicht lange genutzt. Nach aktuellen Schätzungen landen ca. 40 % der Plastikprodukte bereits innerhalb von einem Monat im Müll (Plastikatlas 2019). Mehr dazu auch im Beitrag zu Verpackungen in der Kreislaufwirtschaft.
Auch wenn Kunststoffe auf natürlichen Materialien basieren, sind sie vom Menschen gemacht und kommen so in der Natur nicht vor. Ihre Vorteile wie die lange Haltbarkeit werden nach ihrer Nutzung zum Verhängnis. Denn Kunststoffe können in der Natur fast nicht abgebaut und damit nicht einfach zurückgeführt werden. Im Sinne einer Kreislaufwirtschaft müssen nicht mehr verwendbare Kunststoffe daher recycelt werden. Von den seit 1950 produzierten Kunststoffen wurden bisher aber nur 9 % recycelt. Auch heute liegt die Recyclingquote von Plastikverpackungen weltweit nur bei 14%, wobei auch das oft ein Downcycling zu minderwertigen Produkten ist (mehr im Teil 2: Recycling von Kunststoffen).
Der Rest der Plastikabfälle landet auf Mülldeponien, wird verbrannt oder gelangt in die Umwelt. All diese Entsorgungswege bringen große ökologische Probleme mit sich (mehr dazu im Teil 3: Plastik in der Kritik).
Trotz der vielen praktischen Eigenschaften der Kunststoffe gibt es also noch viele Herausforderung die wir für die nachhaltige Nutzung von Plastik lösen müssen.
2 Kommentare
Hallo liebe Julia!
Wieder ein sehr interessanter Artikel und der Beginn einer sicherlich interessanten Reihe zum Thema Plastik. Als augenblicklich Woltersdorfer ist mir dabei natürlich sofort unser Nachbarort Erkner eingefallen, in dem Du das Gymnasium besucht hast. Voller Stolz bezeichnet sich Erkner auch als “Wiege des Kunststoffzeitalters”, begründet u. a. durch Herrn Baekeland, der auch in Deiner Übersicht auftaucht. Siehe hierzu auch:
https://www.moz.de/landkreise/oder-spree/fuerstenwalde/artikel6/dg/0/1/41911/
oder
http://www.chemieforum-erkner.de/#
oder:
http://www.deutsches-kunststoff-museum.de/rund-um-kunststoff/buchtipps/erkner/
“Bakelit” heißt der Stoff, der seinerzeit in Erkner (vor über 110 Jahren) erfunden wurde.
Liebe Grüße
Dein Papa!
Oh, das wusste ich gar nicht. 😀
Vielen Dank für den Hinweis und die Links.
Viele Grüße
Julia