Trend Bio-Plastik

[Plastik-Serie Teil 4] Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen und biologisch abbaubar? Was ist dran am Trend Bio-Plastik.

Plastik – das ist eine Vielzahl von Kunststoffen, die in verschiedenen Produkten eingesetzt werden und damit aus unserem Alltag kaum mehr wegzudenken sind. Gleichzeitig geraten die Materialien in die Kritik durch immer stärkere Auswirkungen auf Mensch und Natur, zum Beispiel durch Müll in unseren Meeren. Im „Plastikfreien Juli“ dreht sich daher alles um die Kunststoffe in einer neuen Serie von Beiträgen:

  1. Welt aus Plastik
  2. Recycling von Kunststoffen
  3. Plastik in der Kritik
  4. Trend Bio-Plastik [dieser Artikel]
  5. Synthetische Fasern – Plastik in der Kleidung

Durch die zunehmende Kritik an den Kunststoffen (siehe auch Teil 3: Plastik in der Kritik), werden auch neue, nachhaltigere Alternativen gesucht. Ein Trend ist hier das „Bio-Plastik“ – Kunststoffe, die auf nachwachsenden Rohstoffen basieren und/oder leichter in der Natur abbaubar sind. Viele Materialien erreichen hier ähnliche Eigenschaften wie konventionelles Plastik, zum Beispiel bei den Verpackungen. Die Industrie sieht daher viele Chancen für die neuen Kunststoffe. Aber „bio“ bedeutet nicht immer, dass diese Materialien auch umweltfreundlich sind. In diesem Beitrag schauen wir daher auf ein paar Details beim Bio-Plastik.

Was ist Bio-Plastik

Der Begriff Bio-Plastik oder Bio-Kunststoff (bzw. Bioplastik, Biokunststoffe) ist nicht gesetzlich geschützt und wird daher unterschiedlich verwendet. Grundsätzlich muss man genauer unterscheiden nach der Herstellung und Abbaubarkeit: Zum einen gibt es biobasierte Kunststoffe, das heißt sie wurden aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt und nicht aus fossilen Rohstoffen wie Erdöl. Zum anderen gibt es die biologisch abbaubaren Kunststoffe. Das bedeutet, dass diese Kunststoffe durch Lebendorganismen wieder in Biomasse, Wasser und natürliche Gase heruntergebrochen und damit in die Natur zurückgeführt werden können.

Übersicht Bio-Plastik (biobasierte und biologisch abbaubare Kunststoffe)
Übersicht Bio-Plastik (biobasierte und biologisch abbaubare Kunststoffe)

Der Kunststoff Polylactid (PLA) wird zum Beispiel aus Milchsäure, also Zucker und Stärke produziert (daher auch oft Polymilchsäuren genannt). Er ist damit biobasiert und kann auch so hergestellt werden, dass er biologisch abbaubar ist. Andere Kunststoffe sind nur biobasiert oder biologisch abbaubar.

Biobasierte Kunststoffe

Biobasierte Kunststoffe werden aus Biomasse hergestellt, zum Beispiel aus Mais, Zucker, Pflanzenölen oder Zellulose aus Baumwolle oder Holz. Somit muss hierfür kein fossiler Rohstoff wie Erdöl verwendet werden, was auch die negativen Folgen von Erdölgewinnung und –transport verhindert.

Doch auch wenn diese Rohstoffe nachwachsen, benötigt man hierfür die entsprechenden Ackerflächen – ebenso wie diese für auch für Lebensmittel, Tierfutter oder Biokraftstoffe gebraucht werden. Neben der möglichen Rodung von Wäldern für diese Flächen stehen auch der Einsatz von Düngern, Pestiziden, Gentechnik und ein hoher Wasserverbrauch in der Kritik.

Der Plastikatlas beschreibt diese Risiken am Beispiel von Zuckerrohr aus Brasilien:

„Die Pflanze wird unter erheblichem Pestizideinsatz in Monokulturen angebaut, mit massiven Folgen für Mensch und Natur. Einige der dort verwendeten Pestizide dürfen in der EU nicht eingesetzt werden, um die Gesundheit von Menschen und Tieren, hier besonders Bienen, vor ihrem Gift zu schützen. Der globale Preisdruck und die Marktkonzentration in Brasilien haben zudem zu Niedriglöhnen geführt und fördern die Armut in den Anbauregionen. Seit 2018 ist in Brasilien auch der Anbau von gentechnisch verändertem Zuckerrohr zugelassen.“

Plastikatlas 2019

Für die Umweltverträglichkeit kommt es daher darauf an, wie diese Rohstoffe in der Landwirtschaft gewonnen werden. Ziel muss es auch hier sein, dass die Rohstoffe aus einer nachhaltigen und an ökologischen Kriterien orientierten Landwirtschaft stammen. Es wird parallel auch versucht, diese Materialien aus Reststoffen und Abfällen zu gewinnen.

Die landwirtschaftlich erzeugten Rohstoffe werden dann weiter zu Kunststoffen verarbeitet und teilweise auch mit anderen Kunststoffen gemischt. Die biobasierten Kunststoffe werden aktuell größtenteils als PET und PE für Verpackungen für Lebensmittel eingesetzt. Er werden aber auch Windeln, Versandumschläge oder Getränkebehälter aus dem biobasierten Plastik hergestellt.

Aktuell ist der Preis für diese biobasierten Kunststoffe noch etwas höher im Vergleich zu den konventionellen Kunststoffen. Aber es ist anzunehmen, dass die Kosten mit steigender Nachfrage sinken werden. Die Industrie für Kunststoffverpackungen sieht die Entwicklung der biobasierten Kunststoffe daher auch als Chance für eine Diversifizierung der Rohmaterialgrundlage und um Ansprüche der Verbraucher oder Gesetzgeber nach mehr Nachhaltigkeit erfüllen zu können.

Biologisch abbaubare Kunststoffe

Biologisch abbaubare Kunststoffe wiederum sind unabhängig von der Herkunft ihrer Rohstoffe so aufgebaut, dass sie in einem überschaubaren Zeitraum durch natürliche Prozesse abgebaut werden. Hier kommt es im Detail aber auf die dafür benötigte Zeit und Umgebung an: Reicht der häusliche Kompost oder muss es eine industrielle Kompostieranlage sein? Wird es in der Erde abgebaut oder auch im Wasser? Und im Meer nur an der Oberfläche oder auch in der Tiefsee? Es gibt auch Materialien, die sich im Körper abbauen lassen und in der Medizin eingesetzt werden.

Hierbei muss auch stets das gesamte Produkt einschließlich der verwendeten Farben, Kleber usw. betrachtet werden. Es gibt verschiedene Standards, mit denen Hersteller die Abbaubarkeit ihrer Produkte zertifizieren können, z.B. die DIN EN 14995 „Kunststoffe – Bewertung der Kompostierbarkeit“ und DIN EN 13432 für Verpackungen.

Nach dieser Norm zertifizierte Verpackungen müssen dann innerhalb von 90 Tagen in einer industriellen Kompostierungsanlage zu mindestens 90% zersetzbar sein, um als „kompostierbar“ zu gelten. Das wird weder zu Hause erreicht noch in der Verwertung des Biomülls, da dieser nur in einigen Wochen kompostiert wird. Würde man diese Kunststoffe kompostieren, entstehen auch keine humusbildenden Stoffe oder Nährstoffe für den Boden. Es ist also eher eine Entsorgung als eine Kompostierung. Gleichzeitig wird ungenutzte Wärme freigesetzt. Die Kompostierung ist damit gar nicht so sinnvoll, außer es gibt einen Zusatznutzen (z. B. wenn der Biomüll in einem gut kompostierbaren Beutel entsorgt wird).

Von der DIN CERTCO gibt es auch genauere Prüfungen und Zertifizierungen für biobasierte Materialien, industriell kompostierbare und sogar gartenkompostierbare Produkte. Gerade im Bereich Verpackungen gibt es auch wirklich kompostierbare Alternativen zum biologisch abbaubaren Plastik.

Da die meisten Biokunststoffe nicht gartenkompostierbar sind, empfehlen die Entsorger aber diese Kunststoffe in die gelbe Tonne zu geben. Dort wäre es möglich zumindest einige dieser Biokunststoffe wie PLA auszusortieren. Aber aufgrund der geringen Mengen lohnt sich das Recycling hier noch nicht. Am Ende bleibt also die energetische Verwertung, also das Verbrennen. Theoretisch könnten sie dann auch im Restmüll entsorgt werden.

Im Unterschied zu den erdöl-basierten Kunststoffen entsteht bei der Verbrennung dann genau die CO2-Menge, die auch bei der Entstehung der Biomasse aufgenommen wurde und es werden keine Schadstoffe freigesetzt (wenn keine Zusatzstoffe beigemischt wurden). Die beste Option ist damit die energetische Verwertung, also das Verbrennen, um Wärme zu gewinnen.

Das Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe (IfBB) der Hochschule Hannover sieht hier auch den Vorteil, dass man aus nachwachsenden Rohstoffen erst Bioplastik herstellt und dies nach der Nutzung energetisch verwertet wird statt direkt Pflanzen für die Energiegewinnung anzubauen. So könne die Kaskadennutzung maximiert werden. Aber auch hier wäre zunächst eine stoffliche Verwertung (also ein Recycling) gut.

Übrigens, die oxo-abbaubaren Kunststoffe sind nicht biologisch abbaubar. Sie zerfallen nur in kleine Stücke und werden somit zu Mikroplastik. Viele Organisationen fordern daher schon ein Verbot dieser Stoffe.

Bioplastik hat somit einige Vorteile gegenüber konventionellen Kunststoffen, aber auch „bio“ ist nicht gleich nachhaltig. Viele sehen das Risiko, dass Verbraucher Produkte aus biobasierten Kunststoffen dann im gleichen Umfang wie bisher kaufen, zum Beispiel für Einwegprodukte, weil es nachwächst. Aber auch hier werden viele Rohstoffe eingesetzt. Gleichzeitig könnte „kompostierbar“ dazu verführen, die Produkte in die Natur zu werfen, wo sie sich dann nicht zersetzen. Gerade beim Thema Verpackungen bleiben daher der Verzicht, Mehrweg oder recyclingfähige Produkte die besseren Alternativen in einer Kreislaufwirtschaft.

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