Plastik – das ist eine Vielzahl von Kunststoffen, die in verschiedenen Produkten eingesetzt werden und damit aus unserem Alltag kaum mehr wegzudenken sind. Gleichzeitig geraten die Materialien in die Kritik durch immer stärkere Auswirkungen auf Mensch und Natur, zum Beispiel durch Müll in unseren Meeren. Im „Plastikfreien Juli“ dreht sich daher alles um die Kunststoffe in einer neuen Serie von Beiträgen:
- Welt aus Plastik
- Recycling von Kunststoffen
- Plastik in der Kritik
- Trend Bio-Plastik
- Synthetische Fasern – Plastik in der Kleidung [dieser Artikel]
Beim Thema Plastik denken wir heute oft an Verpackungen oder andere aus Plastik hergestellte Produkte wie Kinderspielzeug. Aber auch Kleidung wird größtenteils aus Kunststoffen hergestellt und war auch einer der ersten Anwendungsfälle für Plastik.
Schon Ende des 19. Jahrhunderts wurde aus chemisch behandelter Zellulose ein halbsynthetischer Kunststoff als künstliches Seidengarn entwickelt. Dieser wurde später auch Rayon genannt. Für die Herstellung von Stoffen wurden dann verschiedene Methoden genutzt bis sich Ende der 1930er Jahre das Viskose-Verfahren durchgesetzt hat. Dabei wird die aus Baumwoll- oder Holzfasern gewonnene Zellulose durch den Einsatz von Chemikalien in eine klebrige Masse umgewandelt und durch Düsen gedrückt. Die daraus entstehenden Fäden werden dann weiter versponnen.
Später wurden auch vollsynthetische Kunststoffe wie Nylon, Polyester oder Polyacryl entwickelt. Wie bei anderen Arten von Plastik werden diese aus Erdöl oder Erdgas hergestellt. Die künstlichen Fasern haben viele Vorteile und sind daher bei den Herstellern und Verbrauchern beliebt. Sie sind leicht, elastisch, weich auf der Haut und trocknen schnell. Sie haben sich daher immer mehr gegenüber natürlichen Fasern wie Baumwolle durchgesetzt.
Heute sind ca. 70 % aller weltweit hergestellten Fasern synthetische Chemiefasern. Rund 90 % davon sind vollsynthetische Fasern, insbesondere Polyester. Die größten Produzenten sind hier China, Bangladesch, Indien und Indonesien. Zellulosische Fasern wie Viskose machen weltweit nur rund 10 % der Produktion aus, wobei der Anteil in Deutschland höher liegt. (Plastikatlas 2019)
Ähnlich wie bei anderen Kunststoffprodukten (siehe auch Teil 3: Plastik in der Kritik) mehrt sich auch hier die Kritik an den künstlichen Stoffen. Neben dem Einsatz von fossilen Rohstoffen bei den vollsynthetischen Fasern, spielt vor allem die Herstellung eine wichtige Rolle. Für die Behandlung und Färbung der Fasern werden viele Chemikalien eingesetzt. Viele davon haben gesundheitliche Auswirkungen insbesondere auf die Mitarbeiter in den Herstellerbetrieben. Hinzu kommen oft schlechte Arbeitsbedingungen in den Produktionsbetrieben.
Durch die Verschmutzung der Gewässer sind auch Anwohner und andere Menschen betroffen. Dies ist sogar noch nach der Herstellung der Fall, wenn beim Waschen von synthetischer Kleidung sich Mikroplastik löst und in die Umwelt gelangt.
Trotzdem wird immer mehr Kleidung hergestellt und so steigt auch die weltweite Produktion von Kunstfasern wie Polyester immer weiter an. Kleidung wird immer günstiger. Ständig kommen neue Kollektionen in die Läden, um kurzfristig auf die Nachfrage zu reagieren und Kunden zum Kaufen anzuregen. Dieses Geschäftsmodell von Unternehmen wie H&M, Zara oder Primark wird daher auch als Fast Fashion, also schnelle Mode bezeichnet.
Wenn mehr Kleidung gekauft wird, hängt auch mehr ungenutzt im Schrank, wird weniger getragen und schneller weggeschmissen. Kleidungsstücke sind damit ein typisches Wegwerfprodukt in unserer linearen Wirtschaft.
Lange Nutzung, Reparieren und wiederverwenden
In einer Kreislaufwirtschaft sollten dann auch bei der Mode die Möglichkeiten für eine lange Verwendung der Kleidungsstücke ausgeschöpft werden. Auch hier können die Designprinzipien gegen das Veralten von Produkten angewendet werden. Durch eine hohe Qualität der Materialien und ein zeitloses Design wird eine längere Nutzung möglich.
Kleidung sollte auch leicht zu pflegen und reparieren zu sein. Es gibt online einige Anleitungen für Kunden, um mehr über das Ausbessern ihrer Kleidung zu lernen. Auch Schneidereien oder sogar einige Hersteller bieten das als Service für ihre Kleidung an (z.B. die Outdoor-Hersteller VAUDE und Patagonia).
Durch eine umweltschonende Herstellung und die Berücksichtigung sozialer Standards können die negativen Auswirkungen auf Mensch und Natur verringert werden. Es gibt mittlerweile viele Anbieter für nachhaltigere Mode, die als Gegenentwurf zur Fast Fashion auch manchmal Slow Fashion genannt wird.
Auch die großen Hersteller widmen sich unter dem Druck der Verbraucher mehr dem Thema der Nachhaltigkeit und haben mittlerweile fast alle eigenen Programme oder Kollektionen dafür.
Umverteilen
Wenn Konsumenten Kleidung nicht mehr möchten und diese noch in Ordnung ist, können sie einen neuen Besitzer hierfür finden. In vielen Städten finden sich hierfür Second-Hand-Geschäfte, Flohmärkte oder Kleiderspenden. Es gibt auch immer mehr Online-Plattformen von ebay bis hin zu speziellen Anbietern für Kleidung wie Kleiderkreisel oder Kleiderkorb.
Umgekehrt kann man diese Möglichkeiten auch beim Einkaufen nutzen. Selbst große Händler wie Zalando wollen zukünftig gebrauchte Kleidung über ihre Plattformen verkaufen (als „pre-owned“). Das Wiederverkaufen von Kleidung lohnt sich vor allem bei hochwertiger und zeitloser Mode z.B. von Luxusmarken.
Ein anderes Geschäftsmodell aus der Sharing Economy ist das Leihen bzw. Mieten von Kleidung. Das funktioniert über einmalige Gebühren oder sogar im Abo. Anbieter hierfür sind beispielsweise stay awhile, myonbelle, Kilenda für Kinderkleidung oder rentobag für Handtaschen. Auch für Berufskleidung gibt es hier viele Anbieter (z.B. mietkleidung24 oder dbl).
Recycling
Nicht mehr tragbare Kleidung kann im letzten Schritt noch dem Recycling zugeführt werden. Aktuell wird aber weniger als 1 % der Materialien für Kleidung auch recycelt. Der größte Teil landet also irgendwann im Restmüll und wird damit deponiert oder verbrannt.
Laut dem Fachverband Textilrecycling wächst der Anteil der Alttextilien. In 2018 wurden rund 1,3 Mio. Tonnen Alttextilien gesammelt, das sind rund 15 kg pro Einwohner. Von diesen gesammelten Alttextilien wurden 62 % als Second-Hand-Kleidung wiederverwendet, 14 % als Putzlappen oder Dämmstoffe weiterverwendet und von rund 13 % die Fasern recycelt. Der Rest wurde verbrannt.
Wie bei den anderen Kunststoffen ist das Recycling nicht so leicht (siehe Teil 2: Recycling von Kunststoffen). Ein erstes Problem ist die Rücknahme von gebrauchter und nicht mehr tragfähiger Kleidung. Verbraucher sollen diese aktuell über Recyclinghöfe oder Sperrmüll entsorgen und nicht über den Hausmüll oder die gelben Säcke. Auch einige große Bekleidungshersteller nehmen alte Kleidung in ihren Läden an.
Im Recycling selbst ist die Trennung der verschiedenen Fasergemische aufwändig. Oft kommt es dann zu einem Downcycling, zum Beispiel zu Putzlappen oder Dämmstoffen. Früher oder später bleibt dann gerade bei den synthetischen Materialien nur die energetische Verwertung, also das Verbrennen.
Dass alte Textilien recycelt und wieder zu Kleidung werden, bleibt damit sehr selten. Parallel gibt es aber Kleidung aus recyceltem Plastik, zum Beispiel aus Kunststoffflaschen oder Fischernetzen. Hierfür muss dann immerhin kein neues Erdöl genutzt werden und teilweise ist der Energieverbrauch in der Herstellung geringer. Aber auch hier bleibt die Frage, was aus diesen Materialien nach der Nutzung wird. Insgesamt sind wir in der Bekleidung damit leider noch ziemlich weit von einer Kreislaufwirtschaft entfernt.
Alternative Materialien
Solange das Recycling der synthetischen Fasern so problematisch bleibt, stellt sich die Frage nach anderen, natürlicheren Materialien. Neben den Chemiefasern wird Kleidung aktuell auch oft aus Baumwolle hergestellt.
Aber auch Baumwolle ist nicht unbedenklich. Der Anbau der Pflanzen benötigt viel Fläche und Wasser. Die Baumwollpflanzen sind oft gentechnisch verändert und in der konventionellen Herstellung werden viele Pestizide eingesetzt, was zu gesundheitlichen Beschwerden bis hin zum Tod für die Baumwollbauern führen kann. Hinzu kommen oft katastrophale Arbeitsbedingungen. Und auch hier kommen in der Weiterverarbeitung viele Chemikalien zum Einsatz.
Besser aus ökologischer Sicht ist Baumwolle aus biologischem Anbau sowie die Sicherstellung sozialer Standards, z.B. über Fairtrade. Ein international anerkanntes und unabhängiges Label für öko-faire Bekleidung ist zum Beispiel der Global Organic Textile Standard (GOTS).
Aber auch Fasern aus Naturstoffen wie Holz bei der Viskose werden wieder beliebter und es entstehen immer wieder neue Materialien. Während bei der Viskose-Herstellung viele giftige Chemikalien zum Einsatz kommen, gibt es auch Alternativen wie Modal oder Lyocell (Markenname Tencel). Lyocell wird beispielsweise aus Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft gewonnen und mit einem umweltverträglichen Lösungsmittel hergestellt. Es ist auch biologisch abbaubar.
Es gibt damit auch erste Alternativen, aber der Anteil dieser Materialien ist noch sehr gering.
Schaut ihr beim Einkauf regelmäßig auf das Material eurer Kleidung? Und wie geht ihr mit alten Sachen um?
7 Kommentare
Hallo liebe Julia,
als DDR-gebürtiger fällt mir natürlich auch hierzu wieder eine kleine Nebengeschichte ein:
Als die damalige BRD nach dem II. Weltkrieg eigene Polyamid-Fasern produzierte und unter dem Namen “Perlon” vertrieb, musste auch die damalige DDR ein entsprechendes Material herstellen um den sog. “Klassenfeind” Paroli bieten zu können. Dieses Material ging mit dem Namen “DeDeRon” in die Geschichte ein (der Sinn der Buchstabenkombination wird deutlich, oder?) und wurde kurze Zeit nach der “Markteinführung” zu einem der beliebtesten Materialien der DDR-Modeindustrie. Siehe auch:
https://www.ddr-museum.de/de/blog/archive/dederon-ein-begriff-fuer-qualitaet-eine-ddr-kunstfaser-setzt-sich-durch
Die “berühmte” Kittelschürze in der DDR war übrigens eines der klassischen Dederon-Produkte und die Kittelschürze ist noch immer bei vielen Frauen sehr beliebt. Frag’ mal Deine Großmütter! (Beide tragen übrigens noch solche Schürzen!) Allerdings glaube ich mich zu erinnern, dass die Frauenwelt auch in der damaligen DDR die Perlon-Strumpfhose aus dem “Westen” lieber trug als die Dederon-Strumpfhose, da diese qualitativ den Perlon-Strumpfhosen unterlegen waren. Vorausgesetzt Du hattest natürlich jemanden, der die die Perlon-Strumpfhosen besorgen konnte.
Ansonsten wieder ein sehr interessanter Beitrag.
Allerdings muss ich ehrlicherweise gestehen, dass ich bei all’ dem Negativ-Image der Kunststofffaser heutzutage überglücklich bin, dass ich meine (alten) Baumwoll-Wanderhemden gegen moderne Wanderhemden mit hohem Polyester-Anteil austauschen konnte. Und alle, die einmal völlig verschwitzt auf einem Berggipfel standen werden mir an dieser Stelle Recht geben. Aber gut, nachhaltig ist das ganze wohl eher nicht!
Dein Papa!
Hallo,
und danke für den interessanten Hinweis. Das war mir gar nicht so bewusst, aber es macht Sinn, das versucht wurde ein eigenes Material zu entwickeln. Auch bis heute gibt es immer wieder Weiter- und Neuentwicklungen.
Und das mit den Wanderhemden kann ich auch gut verstehen. Gerade bei Sport- oder Outdoorkleidung haben sich die künstlichen Fasern aufgrund ihrer guten Eigenschaften durchgesetzt. Zum Glück gibt es aber auch hier ein paar Hersteller, die versuchen etwas nachhaltigere Alternativen zu finden. Und wenn man dann weniger, hochwertige Sachen kauft und die lange verwendet, ist das doch auch schon ein guter Schritt.
Viele Grüße
Julia
Ich achte bei der Zusammensetzung der Materialien eher darauf, dass es pflegeleicht ist und nicht zu sehr knittert. Reine Chemiefaser ist allerdings problematisch, wenn man zum Schwitzen neigt. Nicht so hochwertige Fasern riechen dann sehr schnell. Das ist sicher ein individuelles Problem und dein Papa kann das nicht bestätigen.
Kleidung, die ich nicht mehr trage, aber noch “gut” ist, gebe ich in die Kleidertonne. Vereinzelt wurde auch etwas über Ebay veräußer.
Einiges wird auch zu Hause, insbesondere bei der Gartenarbeit, abgetragen.
Ich muss noch etwas ergänzen. In den einschlägigen Billigläden kaufe ich keine Bekleidung und hoffe sehr, dass dies schon ein kleiner Beitrag ist.
Meine Kleidung einschl. Schuhe wird gepflegt und ist auch deshalb lange haltbar.
Danke für die Hinweise. Das sind alles gute Ideen, die für jeden leicht umzusetzen sind. Wie im Artikel beschrieben ist weniger Konsum und die lange Nutzung immer der beste Weg, einfach weil sich dann der ganze Aufwand der Produktion und Distribution mehr lohnt.
I like the valuable info you provide in your articles.
I’ll bookmark your blog and check again here frequently.
I am quite sure I will learn many new stuff right here!
Best of luck for the next!
my blog: CBD for Sale
Thank you, I’m glad you like the blog and find valuable information for you here. I’ll try to post a new article every week or every second week and some smaller inputs via Twitter or Instagram.
Best
Julia