Was ist Obsoleszenz?
Obsoleszenz ist das Veralten und der Wertverlust von Produkten. Fast jedes Produkt ist früher oder später davon betroffen. Wann genau ein Produkt veraltet hängt dabei vom Produkt und seiner Herstellung ab, aber auch wie der Nutzer es verwendet.
Es gibt verschiedene Gründe für das Veralten von Produkten:
- werkstoffliche Obsoleszenz: Material oder Komponenten des Produktes sind defekt
- funktionale Obsoleszenz: ein neues Produkt erfüllt die Funktion besser oder das Produkt kann durch gestiegene Anforderungen (z.B. in der Technik) nicht mehr genutzt werden
- psychologische Obsoleszenz: Wunsch nach einem neuen Produkt, z.B. aufgrund von Trends (auch wenn das aktuelle Produkt noch funktioniert)
- ökonomische Obsoleszenz: Wartung oder Reparatur lohnen sich finanziell nicht im Vergleich zum Neukauf
Oft wird diskutiert, ob Produkte heutzutage schneller altern als früher. Eine Studie des Umweltbundesamtes hat in der Tat gezeigt, dass viele elektronische Geräte kürzer genutzt werden. Rund ein Drittel der befragten Verbraucher war unzufrieden mit der Lebensdauer von Produkten wie Haushalts- und Fernsehgeräten. Einige vermuten auch eine geplante Obsoleszenz, das heißt dass Hersteller die Lebensdauer ihrer Produkte künstlich verkürzen, um Neukäufe zu steigern. Es bleibt aber schwer den bewusst herbeigeführten Verschleiß zu beweisen.
Die längere Verwendung von Produkten ist in der Regel ökologisch am besten, einfach weil der Aufwand für die Ressourcengewinnung und Herstellung entfällt. Dies gilt auch, wenn neuere elektronische Geräte eine bessere Energieeffizienz haben. Entsprechend setzen sich politische Institutionen in der EU und in Deutschland für eine längere Nutzung von Produkten ein (zum Beispiel das Umweltbundesamt mit Strategien gegen Obsoleszenz, 2017 und Verlängerung der Produktnutzungsdauer, 2020).
Hersteller können sich an verschiedenen Designprinzipien orientieren, um die Lebensdauer ihrer Produkte zu verlängern.
Designprinzipien
Design gegen Obsoleszenz ist immer abhängig vom jeweiligen Produkt und Geschäftsmodell. Trotzdem gibt es einige Ansätze die Hersteller bei der Produktentwicklung beachten können. Diese Prinzipien basieren auf dem Modell der Kreislaufwirtschaft. Ein Produkt sollte möglichst lange erhalten bleiben. Es ist besser ein Produkt lange zu nutzen, auch durch Reparatur, bevor es aufgearbeitet werden oder dem Recycling zugeführt werden muss.
Die hier vorgestellten Designprinzipien stammen aus dem Projekt „Products That Last“ der TU Delft und wurden von Conny Bakker und Marcel den Hollander entwickelt (in Ergänzung auch die Doktorarbeit „Design for Managing Obsolescence“ von Marcel den Hollander).
1. Design für Kundenbindung und Vertrauen
Im ersten Schritt sollten Produkte für eine lange Nutzung entwickelt werden. Hier gibt es eine emotionale Komponente, das heißt dass Produkte lange vom Nutzer wertgeschätzt und nicht psychologisch obsolet werden. Dies hängt natürlich stark vom jeweiligen Konsument ab. Aber Hersteller können ihre Produkte und Kommunikation auch so gestalten, dass sie eine größere Verbundenheit zu dem Produkt herstellen. Der Uhrenhersteller Patek Philippe wirbt beispielsweise damit, dass man sich an seinen Uhren ein Leben lang erfreuen könne und sie eigentlich für die nächste Generation aufbewahre. Mit einem zeitlosen Design kann man sich auch gegen die Schnelllebigkeit von Trends wehren.
2. Design für Haltbarkeit
Um werkstofflicher Obsoleszenz entgegen zu wirken, spielt dann die physische Haltbarkeit eine große Rolle. Produkte sollten lange einer Abnutzung standhalten und funktionsfähig bleiben. Dies hängt von den verwendeten Materialien, aber auch einer hohen Qualität in der Herstellung ab. Den Begriff „Qualitätsprodukte“ assoziieren wir oft mit dieser physischen oder werkstofflichen Haltbarkeit. Ein Metallfeuerzeug der Marke Zippo soll zum Beispiel ein Leben lang halten.
Design für emotionale oder physische Haltbarkeit fördert wiederum auch die Möglichkeit Produkte in einem neuen Kontext zu nutzen, sie unter mehreren Personen zu teilen oder an andere zu verkaufen. Im Markt für gebrauchte Kleidung oder Möbel werden zum Beispiel oft hochwertige Produkte oder „Designklassiker“ verkauft, die noch lange genutzt werden können.
3. Design für Standardisierung und Kompatibilität
Produkte, die sich an Standards orientieren, können leichter mit anderen Produkten genutzt werden. Hierzu müssen jedoch anerkannte Standards existieren. Beispielsweise wird in der EU immer noch um die Festlegung eines einheitlichen Ladegeräts für Handys gerungen.
4. Design für einfache Wartung und Reparatur
Die Nutzungsdauer eines Produktes kann durch Möglichkeiten für Wartung und Reparatur verlängert werden. Wenn ich den kaputten Akku von meinem Handy oder Laptop einfach austauschen kann, kann ich das Produkt auch länger nutzen. Hersteller können durch verschiedene Wege die Reparatur von Produkten erleichtern oder es als Service für den Kunden anbieten. Die Outdoor-Marke VAUDE hat beispielsweise Reparaturanleitungen für ihre Produkte veröffentlicht und bietet einen Reparatur-Service an.
5. Design für Upgrading und Anpassung
In Ergänzung gibt es auch das Design für „Upgrading“, das heißt Produkte können an neue Umstände angepasst und sogar verbessert werden. Beispiele sind hier mitwachsende Produkte wie Stühle oder Schreibtische für Kinder oder auch modulare Produkte, wo einzelne Elemente nachgekauft werden können.
6. Design für Wiederaufbereitung
Zuletzt sollte ein Produkt so gestaltet sein, dass es sich leicht auseinander und wieder zusammensetzen lassen kann, um eine Wiederaufbereitung zu ermöglichen (Refurbishing, Remanufacturing). Das kann man oft schon durch Anwendung der anderen Prinzipien erreichen (insbesondere Design für Wartung und Reparatur). Darüber hinaus muss es auch Prozesse geben, um Produkte einzusammeln, wiederaufzubereiten und neu zu verkaufen.
Mit der Anwendung dieser 6 Designprinzipien können Hersteller Produkte mit einer möglichst langen Lebensdauer entwickeln. Davon unabhängig sollten sie im Sinne des gesamten Kreislaufs auch das Recycling der Materialien am Lebensende des Produktes betrachten.
Rolle als Konsument
Auch als Konsument kann ich genau auf diese Designprinzipien achten, um langlebige Produkte zu erkennen. Hierbei können auch Testberichte oder Empfehlungen anderer Kunden unterstützen. Aus den USA kommt mit BuyMeOnce sogar ein Online-Shop, der sich auf den Verkauf von möglichst langlebigen Produkten spezialisiert hat. Auch das deutsche Unternehmen Manufactum wirbt damit hochwertige Produkte zu verkaufen, die lange halten und sich reparieren lassen.
Wie sind eure Erfahrungen bisher mit der Haltbarkeit von Produkten?