2020 war – nicht zuletzt durch das Coronavirus – kein leichtes Jahr. Aber auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft gab es auch viele positive Entwicklungen. In diesem Jahresrückblick und -ausblick schauen wir zurück auf 5 Themen aus 2020, die uns auch noch in 2021 begleiten werden.
Insgesamt haben wir in der Kreislaufwirtschaft noch einen weiten Weg vor uns. Laut dem Circularity Gap Report 2020 ist unsere Welt erst zu 8,6% zirkulär, was sogar noch weniger ist als in den Jahren zuvor. Auch der Statusbericht der deutschen Kreislaufwirtschaft 2020 sieht noch viel Luft nach oben. Nur 12 % der Sekundärstoffe und -ressourcen würden wieder in die Wirtschaft zurück gelangen.
„Um bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen, unsere natürliche Umwelt zu erhalten und unsere wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, bedarf es einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft.“
Frans Timmermans, Vizepräsident und Kommissar für Klimaschutz in der EU-Kommission (zitiert im Statusbericht der deutschen Kreislaufwirtschaft)
1. Auswirkungen des Coronavirus
Die Ausbreitung der Infektionskrankheit COVID-19 durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 war sicherlich das dominierende Thema im Jahr 2020. Auch mit den ersten Impfungen ist das Virus noch nicht besiegt und wird uns 2021 noch stark beschäftigen – ebenso wie die Folgen daraus.
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind in vielen Bereichen spürbar. Für die Umwelt gab es einige positive Folgen wie den Rückgang der weltweiten Emissionen. Dadurch ist der ökologische Fußabdruck der Menschheit ist gesunken, so dass auch der Erdüberlastungstag (Earth Overshoot Day) etwas später als erwartet erreicht wurde. Auch wenn das bei weitem nicht ausreicht, hat es bei vielen die Hoffnung auf Veränderungen geweckt.
Gleichzeitig gab es auch negative Folgen für die Umwelt. Wie viele andere Veranstaltungen sind die Klimakonferenzen in 2020 ausgefallen. Die Nutzung von Kunststoffen und Einwegprodukten hat im medizinischen Bereich, aber auch in Privathaushalten z. B. durch mehr Take-away Essen zugenommen. Damit steigt auch das Aufkommen an Plastikabfällen. Die Abholzung und Zerstörung der Tropenwälder ist durch den wirtschaftlichen Druck und weniger Kontrollen schneller vorangeschritten.
In der Wirtschaft werden die Möglichkeiten der Digitalisierung (z. B. beim Homeoffice) besser genutzt. Gleichzeitig sind wir in der schwersten Rezession der Nachkriegsgeschichte. Die Frage ist, wie wir mit dieser Situation umgehen und die Wirtschaft wieder ankurbeln. Unter #buildbackbetter (wieder besser aufbauen) fordern viele, dass die Chance genutzt wird, um eine umweltfreundlichere Wirtschaft zu fördern.
“We will also have to realise that business as usual is no more. We will need to “bounce forward” not “bounce back”. And we will need to build a resilient, green and digital Europe.”
übersetzt: “Wir werden auch erkennen müssen, dass “business as usual” nicht mehr möglich ist. Wir werden “vorwärts springen” müssen, nicht “zurückspringen”. Und wir werden ein widerstandsfähiges, grünes und digitales Europa aufbauen müssen.”
Ursula von der Leyen, Präsidentin EU-Kommission (zitiert in euraktiv)
2. Mehr Klima- und Umweltpolitik
Dies zeigt, dass Nachhaltigkeit immer mehr in den Fokus der Politik rückt und hier durch Gesetze und Initiativen gefördert wird.
Auf der EU-Ebene spielt hier der Ende 2019 vorgestellte Europäische Grüne Deal eine zentrale Rolle. Bis 2050 soll die Europäische Union klimaneutral werden. In diesem Sinne soll es auch eine „Green Recovery“ (grüne Erholung) aus der Wirtschaftskrise geben. Im März 2020 hat die EU-Kommission auch einen neuen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft vorgestellt.
In Deutschland wurden im letzten Jahr einige Gesetze beschlossen, die den Plastikmüll eindämmen sollen. So sind ab Juli 2021 verschiedene Einwegprodukte aus Plastik verboten (z.B. To-Go-Becher, Besteck, Strohhalme, Rührstäbchen, Wattestäbchen, Behälter aus Styropor). Ab Anfang 2022 werden auch leichte Kunststofftragetaschen mit einer Wandstärke von 15 bis 50 Mikrometern verboten.
Im Oktober 2020 ist das Gesetz zur Umsetzung der EU-Abfallrahmenrichtlinie in Kraft getreten. Dazu gehören verschiedene Regelungen, u.a. eine Obhutspflicht für Händler auch bei Artikel-Rückgaben, so dass Retouren nicht einfach im Müll entsorgt werden. Auch sollen Hersteller und Händler von Einwegprodukten sich an den Kosten für Reinigung und Entsorgung beteiligen und die Recyclingquoten werden erhöht.
3. Plastik weiter im Fokus – auch bei Unternehmen
Die Rolle von Kunststoffen und die Auswirkungen des Plastikmülls bleiben weiter ein großes Thema, nicht nur durch Corona (siehe aus unsere Serie zu Plastik). Die zunehmende Kritik aus der Gesellschaft hat neben den Initiativen aus der Politik auch zu einem Wandel bei Unternehmen und in der Kunststoffindustrie geführt.
Ein wesentlicher Faktor, der auch durch das Verpackungsgesetz gefördert wird, ist die Erhöhung der Recyclingquote. In 2019 konnte hier schon ein Anstieg bei den Kunststoffen von gut 8 % erreicht werden. Insgesamt wurden 58,5 % der Kunststoffverpackungen bei den dualen Systemen auch werkstofflich verwertet. (Newsroom Kunststoffverpackungen) Um auch insgesamt das Recycling zu erhöhen, müssen zum einen die Verbraucher ihren Abfall korrekt dem Recycling zuführen. Zum anderen müssen Hersteller ihre Produkte so gestalten, dass ein Recycling möglich ist. Hier ist noch viel Raum nach oben.
Gleichzeitig müssen die recycelten Materialien (Rezyklate) dann auch für neue Produkte eingesetzt werden. Auch hier wurden mit gesetzlichen Vorschriften für Rezyklatanteile neue Regularien geschaffen. Parallel haben im Februar 2020 viele Unternehmensverbände freiwillig zugesagt, mehr recycelte Kunststoffe herzustellen oder zu verwenden. Der Markt für recycelte Kunststoffe soll so bis 2025 um mindestens 60 % wachsen. (neue verpackung 3.2020) Sinkende Erdölpreise machen leider oft Rezyklate preislich unattraktiv im Vergleich zu neuem Plastik.
Mehr und mehr Unternehmen sind auch in 2020 dem Netzwerk der Ellen MacArthur Foundation beigetreten, um den Wandel zur Kreislaufwirtschaft zu unterstützen.
4. Neue Innovationen und Start-ups
Sowohl große als auch kleine Unternehmen finden immer wieder innovative Lösungen im Bereich Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft. Beispiele sind die Alternativen für Trinkhalme aus Plastik, Ideen gegen Lebensmittelverschwendung oder Neue Lösungen zum Mitnehmen.
Allein in der deutschen Kreislaufwirtschaft wurden in den letzten 10 Jahren und 2.400 Start-ups gegründet, wobei sich das eher auf die „klassische“ Kreislaufwirtschaft rund um das Thema Abfall konzentriert (Statusbericht Kreislaufwirtschaft). Das Gründerzentrum UnternehmerTUM hat auch über 50 europäische Start-ups im Bereich der Kreislaufwirtschaft identifiziert, die primär in vier Bereichen aktiv sind:
- Bevorzugung von ressourcensparenden Materialien
- Optimierung der Produktnutzung
- Maximierung der Lebensspanne von Produkten
- Zirkuläre Wiederverwendung von Materialien
Mit dem Green Alley Award gibt es auch eine Auszeichnung für europäische Start-ups im Bereich der Circular Economy. Unter den Bewerbern aus 2020 wird dann im April 2021 der Gewinner gekürt.
Als Unterstützung für Unternehmen hat die Ellen MacArthur Foundation auch einen Upstream Innovation Guide für Verpackungen veröffentlicht. Hier geht es darum das Problem an der Wurzel zu packen und neue Innovation zu entwickeln, die die Entstehung von Abfall verhindern sollen. Viele gute Beispiele finden sich auch in der dazugehörigen Video-Serie als Inspiration.
5. Verbesserte Messbarkeit durch neue Tools und Standards
Neben diesen Guides entstehen auch immer mehr handfeste Tools und Standards, um Kreislaufwirtschaft messbar zu machen. Das World Business Council for Sustainable Development (wbcsd) hat in 2020 die Circular Transition Indicators (CTI) veröffentlicht. Mit diesem kostenlosen Online-Tool können Unternehmen Zirkularität messen. Auch die Ellen MacArthur Foundation hat mit Circulytics ein Tool, um Unternehmen auf ihrem Weg zur Kreislaufwirtschaft zu unterstützen.
Die Global Reporting Iniative (GRI), deren Standards als Basis für die meisten Nachhaltigkeitsberichte von Unternehmen dienen, hat in 2020 auch einen neuen Standard „GRI 306: Waste 2020“ veröffentlicht. Damit rückt das Thema Abfall auch in der Berichterstattung von Unternehmen weiter in den Fokus.
Viele dieser Initiativen werden uns auch in 2021 und in den Jahren darauf auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft unterstützen.
Welches Thema war für euch in 2020 am wichtigsten bzw. wird eurer Meinung nach 2021 bestimmen?