Was bedeutet Wiederaufarbeitung?
Bei der Wiederaufarbeitung (auch Wiederaufbereitung) wird der Wert von gebrauchten Produkten oder Geräten wiederhergestellt, so dass sie wieder verkauft werden können. Das ist weniger aufwändig und ressourcenschonender als die Neuproduktion. Wiederaufarbeitung ist damit ein wichtiger Bestandteil der Kreislaufwirtschaft und nach der Reparatur von Produkten dem Recycling meist vorzuziehen.
Im Detail unterscheidet man im Englischen noch genauer zwischen Refurbishment („Aufhübschung“) und Remanufacturing (auch mit Refabrikation übersetzt). Beim Remanufacturing wird ein Produkt bis auf die Komponenten auseinander genommen und dann neu zusammengesetzt. Dabei werden Teile gereinigt, repariert oder durch neue ersetzt. Das wiederaufbereitete Produkt hat dann in der Regel den gleichen Qualitätsstandard wie ein neues Produkt und kann oft mit den entsprechenden Garantien durch den Hersteller verkauft werden. Beispiele sind hier eher größere und komplexere Produkte wie zum Beispiel Nutzfahrzeuge, Turbinen, Motoren oder medizinische Geräte.
Refurbishment hingegen ist ein einfacherer und eher kosmetischer Prozess, bei dem ein Produkt ohne komplettes Auseinandernehmen erneuert werden kann. Tendenziell wird der Begriff eher bei elektronischen Geräten wie Computern oder Handys, aber auch für Möbel verwendet. In der Praxis bleibt die Unterscheidung aber nicht immer so leicht und die Begriffe werden unterschiedlich genutzt.
Unabhängig davon ist die Wiederaufbereitung eine wachsende Branche. Allein für Remanufacturing in der EU wird ein Marktpotential von 90 Mrd. Euro bis 2030 erwartet (European Remanufacturing Network).
Modell der Wiederaufarbeitung
Hieraus ergeben sich auch für Unternehmen neue Chancen in der Wiederaufbereitung von Produkten. Verschiedene Modelle sind hierbei möglich:
- der Hersteller eines Produktes kann seine Produkte selbst aufbereiten
- der Hersteller kann ein anderes Unternehmen beauftragen, seine Produkte wiederaufzubereiten
- ein Unternehmen kann unabhängig von Herstellern dessen gebrauchte Produkte kaufen und wiederaufbereiten
Um die Produkte für die Wiederaufbereitung zu beschaffen, können Unternehmen sie von ihren Kunden oder Händlern zurücknehmen oder -kaufen. Eine andere Quelle können Produkte aus dem Miet- oder Leasinggeschäft eines Unternehmens sein. Eine Herausforderung ist dabei der Zugang zu den Geräten und die Logistik des Transports der Gebrauchtgeräte, insbesondere bei Zollbeschränkungen über Landesgrenzen hinweg.
Der Ablauf der Wiederaufbereitung hängt vom geplanten Umfang und dem Produkt ab. Typischerweise findet zunächst eine Prüfung des Produktes statt. Insbesondere im Remanufacturing wird das Produkt dann komplett demontiert. Danach können einzelne Komponenten gereinigt, repariert oder ersetzt werden. Anschließend wird das Produkt wieder zusammengesetzt und abschließend auf die Funktionsfähigkeit überprüft.
Bei der Wiederaufbereitung ist in der Regel der Originalhersteller im Vorteil, aber auch unabhängige Unternehmen können das entsprechende Know-how aufbauen.
Um diesen Prozess zu vereinfachen, sollte die mögliche Wiederaufarbeitung im Idealfall schon beim Design der Produkte berücksichtigt werden (siehe 6 Designprinzipien gegen das Veralten von Produkten). Das Produkt sollte sich leicht auseinander- und wieder zusammenbauen lassen. Die Komponenten sollten möglichst standardisiert und leicht austauschbar sein. Dann wird auch die Wiederaufbereitung schneller und kostengünstiger.
Der Verkauf der wiederaufbereiteten Produkte kann über die bestehenden Kanäle von den Neuprodukten oder auf ganz neuen Wegen erfolgen. In der Vermarktung kann es aber auch zu Schwierigkeiten kommen, wenn der Kunde die Produkte nicht als gleichwertig wahrnimmt. Auch um die Marke zu schützen, können Unternehmen dem durch die Gabe von Garantie- oder Gewährleistungsversprechen entgegen wirken. Einige Unternehmen bieten daher sowohl Neu- als auch wiederaufbereitete Produkte an, so dass der Kunde die Auswahl hat.
Vorteile der Wiederaufbereitung
Die Wiederaufbereitung von Produkten bietet verschiedene Vorteile für Unternehmen und Kunden. In erster Linie benötigt die Wiederaufbereitung (gerade bei komplexeren Produkten im Remanufacturing) weniger Materialien und Arbeitsaufwand im Vergleich zur Neuproduktion. Der geringere Ressourceneinsatz und Ausstoß von Emissionen hat entsprechende ökologische Vorteile.
Gleichzeitig können Unternehmen ihren Kunden damit ein günstigeres Produkt anbieten (bei ähnlicher oder gleicher Qualität). Unternehmen, die ihre Produkte selbst aufbereiten, können damit neue Kunden gewinnen, die ein Neuprodukt nicht finanzieren würden. Außerdem lernen sie so mehr über den Gebrauch ihrer Produkte und eventuelle Schwachstellen.
Aber auch für unabhängige „Wiederaufbereiter“ ergibt sich damit ein Markt, gerade wenn die Originalhersteller ihre Produkte nicht selbst aufbereiten.
Unterstützung aus der Politik
Trotz der vielen Vorteile der Wiederaufbereitung werden deren Möglichkeiten (insbesondere beim Remanufacturing) laut Einschätzung der EU noch nicht ausreichend genutzt. Um die Wettbewerbsfähigkeit der Hersteller in der EU zu stärken, brauche man eine branchenübergreifende Strategie ähnlich wie in den USA oder China (oder in der EU beim Thema Recycling).
Hierfür hat die EU das European Remanufacturing Network (ERN) ins Leben gerufen. ERN soll Unternehmen bei ihren Abläufen in der Wiederaufbereitung unterstützen und weitere Unternehmen zum Remanufacturing ermutigen. Über das Resource Conservative Manufacturing (ResCoM) Projekt wurden außerdem Methoden und Tools entwickelt, um geschlossene Produktionskreisläufe umzusetzen. Auf den jeweiligen Internetauftritten finden sich auch viele Informationen für Hersteller rund um Remanufacturing.
Beispiele
- Der US-amerikanische Hersteller von Baumaschinen, Turbinen und Motoren Caterpillar sieht sich mit seinem „Cat Reman“-Programm als Weltmarktführer im Remanufacturing.
- Das deutsche Unternehmen Jungheinrich hat ein eigenes Werk für die Aufbereitung von Gabelstaplern und verkauft diese anschließend als gebrauchte Geräte oder bietet sie zum Leasing an.
- Siemens Healthineers bietet wiederaufbereitete (refurbished) medizinische Geräte wie CT- oder MRT-Scanner im Rahmen der „pre-owned Siemens ecoline“ an
- Die Schweizer Unternehmensgruppe Girsberger bereitet Möbel wieder auf, zum Beispiel für Konzertsäle oder Restaurants.
- Norsk Ombruk in Norwegen verkauft wiederaufbereitete Haushaltsgeräten verschiedener Hersteller, insbesondere weiße Ware wie Kühlschränke und Waschmaschinen.
- Die britische Unternehmensgruppe Bond bietet Refurbishment und Remanufacturing für Kühlregale in Supermärkten an. Auch ihre neuen Produkten seien auf eine lange Produktlebensdauer ausgelegt.
- Das niederländische Unternehmen Roetz bereitet Fahrräder auf und strebt ein zu 100% zirkuläres Fahrrad an.
Wie man an den vielen Beispielen aus dem B2B-Bereich sieht, gibt es damit auch viele Möglichkeiten für Unternehmen in der Beschaffung mit wiederaufbereiteten Produkten Kosten zu sparen.
Weitere Beispiele gibt es auch auf der Webseite und im Magazin von Rematec – nach eigenen Angaben der weltweit führenden Plattform für Remanufacturing.
Wie seht ihr die Chancen der Wiederaufbereitung? Und kennt ihr noch weitere interessante Beispiele?