Was ist Zero Waste?
Zero Waste bedeutet wörtlich übersetzt null Abfall bzw. Verschwendung. Und das beschreibt eigentlich schon gut worum es bei Zero Waste geht: Das Ziel keinerlei Abfälle mehr zu verursachen, die deponiert oder verbrannt werden müssen.
Um die Entwicklung von Zero Waste zu fördern und globale Standards zu entwickeln wurde 2002 die Zero Waste International Alliance (ZWIA) gegründet. Die ZWIA definiert Zero Waste als:
„Die Erhaltung aller Ressourcen durch verantwortungsbewusste Produktion, Verbrauch, Wiederverwendung und Rückgewinnung von Produkten, Verpackungen und Materialien ohne Verbrennung und ohne Absonderungen in Erde, Wasser oder Luft, die die Umwelt oder die menschliche Gesundheit gefährden”.
Zero Waste International Alliance, eigene Übersetzung
Der Begriff „Zero Waste“ wurde Anfang der 1970er Jahre erstmals von dem Chemiker Paul Palmer genutzt. Ihm fiel auf, dass im viele Chemikalien entsorgt wurden, obwohl sie noch genutzt werden könnten und gründete hierfür das Unternehmen „Zero Waste Systems“.
Danach wurde die Formulierung auch eher im Bereich der Produktion oder kommunalen Abfallwirtschaft verwendet. Ab 2008 wurde Zero Waste durch die in den USA lebende Französin Bea Johnson als privater Lebensstil populär. Auf ihrem Blog und in ihren Büchern hat sie ihren Weg zum „Zero Waste Home“ beschrieben. Sie hat hierfür 5 Prinzipien geprägt, die 5Rs des Zero Waste:
Diese Prinzipien gelten grundsätzlich auch in dieser Reihenfolge, das heißt zunächst sollte der Konsum möglichst vermieden oder reduziert werden. Bei der Wiederverwendung (reuse), dem Recycling und dem Kompostieren von biologischen Materialien sehen wir auch die Parallelen zu den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft. Bei Bea Johnson bleibt am Ende eines Jahres dann nur ein Einweckglas mit „klassischem“ Müll übrig, was sie nicht durch die Anwendung der oben genannten Prinzipien vermeiden konnte.
In den letzten Jahren haben immer mehr Menschen sich die Prinzipien von Bea Johnson zum Vorbild genommen und ihren privaten Lebensstil mehr in Richtung Zero Waste ausgerichtet. Überall auf der Welt sind hiermit auch weitere Blogger und Influencer bekannt geworden. Es wurden neue Produkte entwickelt, Unverpackt-Läden und plastikfreie Online-Shops gegründet. Hieraus ist dann eine Zero Waste Bewegung entstanden.
Heute bringt es beispielsweise der #zerowaste auf aktuell über 5,4 Mio. Beiträge auf Instagram (#circulareconomy übrigens nur auf gut 380.000 und #kreislaufwirtschaft auf knapp 5.000). Für einige kann diese perfekt inszenierte Zero Waste Welt auf Instagram auch abschreckend wirken. Wenn der durchschnittliche Deutsche noch jedes Jahr 157kg Abfall in den Hausmüll wirft (destatis), scheint es auch etwas utopisch das auf ein Marmeladenglas zu reduzieren. Auf den ersten Blick wirkt es für viele auch teurer und aufwändiger als der gewohnte Lebensstil.
Sicherlich erfordert es ein Umdenken und gerade am Anfang einiges an Recherche, wenn man sich vorher wenig mit den Themen auseinandergesetzt hat. Viele Zero Waste Blogger geben daher Tipps zum Einstieg und betonen, dass der bewusstere Konsum sogar den Geldbeutel schone. Und auch, dass Zero Waste nur ein Ziel sei und jeder kleine Schritt auf dem Weg zähle.
Zero Waster als Konsumenten
Mit dem Erfolg von Zero Waste stellt sich auch die Frage nach dem Konsumverhalten der Zero Waster.
Natürlich, Bio, Fair Trade – mehr und mehr Produkte werben mit der eigenen Nachhaltigkeit und werden von Verbrauchern nachgefragt. Im Marketing sind diese Kunden auch als LOHAS bekannt geworden. LOHAS – als Abkürzung von Lifestyle of Health and Sustainability – sind Personen, die einen nachhaltigen Lebensstil pflegen und besonderen Wert auf Gesundheit, Umwelt und Soziales legen. Dabei geht es ihnen eher um den bewussten, nachhaltigen Konsum als um den Verzicht. LOHAS verfügen oft über überdurchschnittliche Bildung und Einkommen, was sie auch zu einer interessanten Kundengruppe für Unternehmen macht. (Gabler Wirtschaftslexikon)
Im Gegensatz dazu geht es bei den LOVOS (Lifestyle of Voluntary Simplicity) durchaus auch um die Reduktion von Konsum und ein einfacheres Leben (auch Downshifting wird hier als Begriff genutzt). Ein Beispiel hierfür ist „The 100 Thing Challenge“ (Herausforderung der 100 Dinge) von Dave Bruno, bei der man seinen Besitz auf die 100 Gegenstände reduziert, die man wirklich braucht. In Deutschland wurde die Idee auch als Komödie in „100 Dinge“ verfilmt. Die Reduktion aufs Wesentliche zeigt sich auch in der Minimalismus-Bewegung. Viele Zero Waster (z.B. Bea Johnson) sehen sich auch selbst als Minimalisten.
Das umweltfreundlichste Produkt ist das, das du nicht gekauft hast.
Joshua Becker (Becoming Minimalist), eigene Übersetzung
Schließlich sind Verweigern oder Reduzieren von unnötigen Dingen die ersten Prinzipien von Zero Waste. Viele Zero Waster stellen auch ihre eigenen Produkte her (z.B. bei Kosmetik, Reinigungsprodukten) und brauchen dadurch nur die Zutaten und weniger fertige Produkte kaufen.
Im ersten Schritt geht es also um weniger Konsum und im zweiten dann um den Konsum der „richtigen“ Dinge. Und sicherlich gibt es eine große Bandbreite von einigen wenigen sehr strengen Anwendern und vielen anderen, die mit kleinen Schritten wie dem Mehrwegbecher für den Kaffee ihren Abfall reduzieren. Es damit schwer zu sagen, wie viele Zero Waster es gibt.
Wer nach Zero Waste kauft, schafft auch eine Nachfrage nach unverpackten oder plastikfreien Produkten und Einkaufsmöglichkeiten (online und offline). Zero Waster zeigen auch Lücken, wo es noch keine sinnvollen Alternativen gibt und schaffen Bedarf für Produktinnovationen. Einige erreichen auch lokal im Austausch mit Unternehmen eine Veränderung, zum Beispiel im Supermarkt um die Ecke.
Zero Waste ist damit eine Bewegung, die neben anderen Initiativen und Entwicklungen für ein größeres Bewusstsein in der Gesellschaft für das Thema Abfall sorgt. Und dadurch auch Druck auf Unternehmen und andere Organisationen nach Alternativen ausübt. Laut einer PwC-Umfrage aus 2015 können sich zum Beispiel schon 82% der Deutschen vorstellen ihre Lebensmittel ohne Verpackung einzukaufen.
Zero Waste und Kreislaufwirtschaft
Wie wir sehen gibt es sehr viele Parallelen zwischen dem Ansatz des Zero Waste und der Kreislaufwirtschaft. Beide haben die Vermeidung von Abfall zum Ziel und setzen auf gleiche Prinzipien wie Wiederverwendung und Recycling. In einer perfekten Kreislaufwirtschaft würde es auch keinen Abfall mehr geben – damit wäre der Zero Waste Lifestyle für jeden Realität. Umgekehrt brauchen wir eine Kreislaufwirtschaft, um Zero Waste wirklich zu erreichen. Denn es kommt nicht nur darauf an, was im persönlichen Müll landet, sondern auch was in der Herstellung und auf dem Weg zu uns mit den Produkten passiert.
In der Praxis beschreibt Zero Waste tendenziell eher den privaten Lebensstil und ist unter den Konsumenten zurzeit wohl bekannter als Kreislaufwirtschaft (wie auch die Anzahl der Instagram-Beiträge zeigt). Wie oben beschrieben fokussiert Zero Waste stärker die Reduktion von Konsum. Und vielen in der Zero Waste Szene ist die Vermeidung von Plastik sehr wichtig, da wir hier aktuell große negative Einflüsse auf die Umwelt sehen und noch zu wenig recycelt wird. Es gibt aber auch Zero Waste Initiativen für kommunale Abfallwirtschaft oder Unternehmen (z.B. Zero Waste Europe).
Kreislaufwirtschaft hingegen scheint eher ein in der Politik oder bei großen Unternehmen genutzter Ausdruck. Es beschreibt wie eine Wirtschaft ohne Abfall funktioniert; der Nicht-Konsum spielt da weniger eine Rolle. Und Plastik ist (insbesondere für die Hersteller von Kunststoffen) auch kein Widerspruch zur Kreislaufwirtschaft, wenn denn nur alle Kunststoffe recycelt und neue Produkte nur aus diesen Rezyklaten gewonnen werden.
Trotz dieser Feinheiten überwiegen die Gemeinsamkeiten und oft werden beide Begriffe auch zusammen genannt. Was zählt ist schließlich das Ziel.
Habt ihr euch schon beruflich oder privat mit Zero Waste auseinander gesetzt? Wie seht ihr die Möglichkeiten von Zero Waste?