Die Erschöpfung der natürlichen Ressourcen, abnehmende Artenvielfalt, wachsende Umweltverschmutzung und Müllberge und nicht zuletzt der Klimawandel – es besteht kein Zweifel, dass unsere Welt vor großen ökologischen Herausforderungen steht. Viele dieser Probleme sind eng mit unserer Art des Wirtschaftens verbunden. In unserer traditionellen linearen Wirtschaft entnehmen wir der Natur immer mehr Ressourcen, stellen aus diesen Produkte her, die wir dann nutzen und letztendlich die Reste als Abfall entsorgen. Diese “Wegwerfwirtschaft” hat genau die oben genannten Probleme hervorgebracht, so dass immer mehr Menschen und Organisationen Alternativen suchen.
Ein Modell ist die Abkehr von diesem linearen Wirtschaften hin zu einem zirkulären System. Solch eine Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) ist ein regeneratives System, das darauf basiert Müll und Verschmutzung zu vermeiden, Produkte und Materialien im Kreislauf der Nutzung zu halten und die natürlichen Systeme zu regenerieren (Definition der Ellen MacArthur Foundation, einer britischen Stiftung zum Thema Kreislaufwirtschaft). Dieses Modell des zirkulären Wirtschaftens orientiert sich an den natürlichen Systemen, in denen der Output oder “Müll” eines Organismus wiederum Input oder Nahrung für einen anderen Organismus wird. Zum Beispiel können die Ausscheidungen eines Tieres als Dünger für Pflanzen dienen, die dann wiederum von anderen Tieren gefressen werden können. Die Nachahmung der Natur (auch Biomimicry genannt) ist daher auch ein Ideengeber für die Kreislaufwirtschaft.
Das Konzept der Kreislaufwirtschaft basiert aber auch auf anderen Modellen, u.a. dem Cradle to Cradle Designprinzip (also “von der Wiege zur Wiege”). Der zentrale Gedanke ist “Nährstoff bleibt Nährstoff” und unterscheidet zwischen biologischen und technischen Nährstoffen und Kreisläufen:
- Biologische Materialien (z.B. Nahrung, Naturfasern, Holz, etc.) können nach der Nutzung wieder sicher in die Natur zurückgeführt und dort von anderen Organismen genutzt werden.
- Technische Materialien (z.B. Plastik, Metalle, synthetische Materialien) können nicht wieder in die Biosphäre zurückgeführt werden und müssen daher kontinuierlich in technischen Kreisläufen genutzt werden.
Dieses Prinzip findet sich auch im Modell der Kreislaufwirtschaft wieder (siehe Grafik). Dabei ist zu beachten, dass die natürlichen Ressourcen begrenzt sind und die Kreisläufe langfristig nur funktionieren können, wenn auch biologische Materialien nachhaltig gewonnen werden.
In der Kreislaufwirtschaft gibt es verschiedene Möglichkeiten Produkte (insbesondere aus technischen Materialien) im Kreislauf zu halten:
- Wiederverwenden von Produkten anstelle von Einwegprodukten (zum Beispiel wiederverwendbare Becher für den Kaffee unterwegs)
- Reparieren statt Neukaufen (soweit das Design der Produkte dies zulässt)
- (Umver-)Teilen von Produkten zwischen Konsumenten (zum Beispiel über Plattformen für gebrauchte Produkte oder mieten statt kaufen)
- Aufbereiten von Produkten (zum Beispiel wiederaufbereitete Handys oder Industriemaschinen)
- Recycling, Wiederverwendung der Materialien aus Produkten wie Papier, Glas oder Plastik
Diese Prinzipien können natürlich auch auf biologische Materialien angewandt werden (zum Beispiel Kauf von gebrauchter Kleidung aus Naturmaterialien), welche aber zusätzlich auch in die Natur zurückgeführt werden können (zum Beispiel durch Kompostieren). Je größer die Kreise, desto mehr wird das Produkt verändert und der Aufwand wird entsprechend höher. Daher ist es in der Regel besser, Produkte möglichst lange zu verwenden und zu reparieren bevor sie aufbereitet oder sogar komplett dem Recycling übergeben werden.
Für eine vollständige Kreislaufwirtschaft spielt dabei nicht nur das Endprodukt eine Rolle, sondern auch die einzelnen Schritte in der Produktion und Distribution. Auch diese Phasen selbst müssen zirkulär sein was die Verwendung von Materialien und Maschinen angeht und dürfen keine Abfälle oder Verschmutzung der Umwelt verursachen (zum Beispiel durch Einsatz von erneuerbare Energien).
Wir müssen auch beachten, dass Kreislaufwirtschaft immer noch Zyklen aus Produktion und Konsum beschreibt. Im Hinblick auf Umweltschutz und Abfallvermeidung ist aber eigentlich der Nicht-Konsum (bzw. geringere Konsum) im Endeffekt die beste Wahl. Dieses Prinzipien des “refuse” oder “reduce” stehen daher auch an erste Stelle in der Zero Waste Philosophie, die das Ziel hat Abfall oder Verschwendung so weit wie möglich zu vermeiden.
Gleichermaßen ist zirkuläres Wirtschaften noch nicht gleich nachhaltig. Auch wenn die Begriffe viel gemeinsam haben, besteht Nachhaltigkeit neben der ökologischen und ökonomischen auch aus einer sozialen Komponente wie beispielhaft faire Löhne, die in der Kreislaufwirtschaft eher weniger im Fokus steht. Idealerweise sollte daher auch die Kreislaufwirtschaft gesamthaft unter Aspekten der Nachhaltigkeit betrachtet werden.
Neben vielen Unternehmen, die bereits versuchen ihre Abläufe mehr an den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft auszurichten, ist die Bedeutung des Themas auch in der Politik angekommen. So hat die EU-Kommission im Rahmen des European Green Deal in 2020 einen neuen Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft angenommen. Hierbei wurden Initiativen entlang des gesamten Produktlebenszyklus angekündigt, die sich zum Beispiel auf die Gestaltung der Produkte, die Förderung nachhaltigen Konsums und auf eine möglichst lange Verweildauer eingesetzter Ressourcen beziehen.
In Deutschland gibt es bereits ein Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) mit dem Zweck “die Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen zu fördern und den Schutz von Mensch und Umwelt bei der Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen sicherzustellen.” (§1 KrWG). Das Gesetz wird durch eine Reihe von Verordnungen ergänzt und soll aktuell noch weiter angepasst werden, um mehr Abfall zu vermeiden und Recycling zu fördern.
International wurde 2018 während des Weltwirtschaftsforums auch die Platform for Accelerating the Circular Economy (PACE) ins Leben gerufen, um den Wandel zur Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen. In ihrem Circularity Gap Report 2020 musste PACE jedoch feststellen, dass die globale Weltwirtschaft erst zu 8,6% zirkulär ist. Wir haben also noch einen weiten Weg vor uns.